Interview de Lydia Mutsch avec le Luxemburger Wort

"Ein Meilenstein für weitere Entwicklungen ist die neue elektronische Patientenakte"

Interview:Luxemburger Wort (Bérengère Beffort)

Luxemburger Wort: Worauf ist das politische Engagement für eine personalisierte Medizin zurückzuführen?

Lydia Mutsch: Als ich mich näher mit der personalisierten Medizin befasst habe, stellte ich fest: Meistens wurde das Thema mit wirtschaftlichen Perspektiven, kommerziellen Pharmaangeboten und einer Grundlagenforschung in Verbindung gebracht. Konkrete Nutzen für eine bessere Gesundheit und Vorteile für die Patienten standen kaum zur Diskussion. Das wollte ich ändern. Denn die personalisierte Medizin bietet beachtliche Perspektiven, um die medizinische Versorgung und die Lebensqualität eines Patienten zu verbessern. 

Luxemburger Wort: Inwiefern?

Lydia Mutsch: Jede Person reagiert unterschiedlich auf ein Arzneimittel. Neue Forschungserkenntnisse zeichnen aber Möglichkeiten auf, differenziert vorzugehen. Statt alle Menschen mit ein und demselben Medikament zu behandeln, stellt die personalisierte Medizin eine auf den Patienten zugeschnittene Therapie in Aussicht. Das ist wirksamer und besser verträglich. Als Ministerium wollen wir die Gesundheit fordern und sind an einer präzisen, personalisierten Medizin interessiert. Es verspricht eine optimale Behandlung im Fall von Krebserkrankungen, sowie neue Mittel, um der Entwicklung von Krankheiten vorzubeugen.

Luxemburger Wort: Eine maßgeschneiderte Therapie und mehr Prävention klingen gut. Wer wird tatsächlich davon profitieren können?

Lydia Mutsch: Die personalisierte Medizin muss für eine Vielzahl an Menschen zugänglich sein. Als prominenter Fall ist die Geschichte von Schauspielerin Angelina Jolle bekannt. Sie hat sich dazu entschlossen, vorsorglich beide Brüste abnehmen zu lassen. Jolle hatte erfahren, das sie ein erhöhtes Brustkrebsrisiko hat. Ich will ihre Entscheidung nicht bewerten. Als Gesundheitsministerin will ich mich aber dafür einsetzen, dass der Zugang zur Früherkennung und zu gezielten Behandlungen nicht einer Gruppe von gut situierten Personen vorbehalten ist. Wir haben in Luxemburg ein solidarisches Gesundheitssystem. Jeder sollte einen Zugang zur bestmöglichen Therapie erhalten.

Luxemburger Wort: Die Förderung der personallsieren Medizin in Luxemburg ist auf besondere Felder ausgerichtet. Welches Ziel verfolgt das Ministerium?

Lydia Mutsch: Wir wollen besonders Akzente in den Bereichen der Krebs-, Demenz- und Parkinsonerkrankungen setzen. Unser Ziel ist es, bestehende Kompetenzen zu bündeln und sie den Patienten zukommen zu lassen. Das erfolgt über Forschungsprogramme, einer engen Zusammenarbeit zwischen den Forschern und Ärzten, sowie Aktionsplänen, in denen wir die Patienten näher begleiten. Außerdem nimmt Luxemburg an internationalen Netzwerken teil. Die Forschungsergebnisse sollen in den klinischen Alltag einfließen. Sie sollen gezielte Antworten liefern, um die Behandlungschancen zu verbessern und den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen.

Luxemburger Wort: Wieso sollten die Impulse von politischer Seite kommen?

Lydia Mutsch: Die Forschung über Krebs- und Parkinsonerkrankungen ist kostenintensiv und hat nicht unbedingt eine direkten Bezug zum Patienten. Wichtig ist, die verschiedenen Akteure zusammenzuführen, damit neue Erkenntnisse vom Labor ans Patientenbett gelangen. Das selbe gilt für privatwirtschaftliche Partner, die eigene Ziele verfolgen. Wir sollten alle Kräfte bündeln, so dass innovative Projekte der Allgemeinheit zugute kommen. Unser Gesundheitssystem beruht auf hochwertigen Leistungen, die für jeden zugänglich sind, und auf einem solidarischen Modell. Politische Impulse können also Brücken schlagen zwischen den jetzigen Vorzügen unseres Gesundheitssystems und den Perspektiven einer personalisierten Medizin. Unser Forschungsstandort, die kurzen Wege und der politische Wille bilden eine gute Ausgangsbasis, um das Potenzial der personalisierten Medizin zu nutzen. Wir sollten unsere Trümpfe ausspielen. Wenn wir das nicht tun, sind wir selbst schuld.

Luxemburger Wort: Wer verfügt über das Fachwissen und die Daten zum Ausbau der personalisierten Medizin? Sind es öffentliche Einrichtungen oder müssen mehr private Akteure hinzugezogen werden?

Lydia Mutsch: Ein reger Austausch erfolgt bereits zwischen den Forschungseinrichtungen, der Biobank sowie Spitälern in einem Konsortium zur personalisierten Medizin. Das Personallsed Medicine Consortium (PMC) vereint Forscher, Spezialisten und Ärzte, damit Innovationen und neue Therapiemöglichkeiten im Gesundheitssystem zum Tragen kommen. Wenn wir die Früherkennung fördern wollen, muss es verstärkt Partnerschaften zwischen den öffentlichen Trägern und privaten Akteuren geben. Beispielhaft ist auch die Arbeit im Bereich der Parkinson -Erkrankungen. Hier arbeitet das Luxembourg Centre for Systems Biomedicine (LCSB) der Uni Luxemburg Hand in Hand mit hiesigen und ausländischen Partnern, um Forschungsresultate verstärkt in der Praxis einsetzen zu können. Er muss also einen übergreifenden, interdisziplinären Austausch geben. Das kommt dem Gesundheitssystem zugute und bestärkt den Forschungsort Luxemburg.

Luxemburger Wort: Wie will die Regierung weitere Rahmenbedingungen zur Entwicklung der personalisierten Medizin sicherstellen, sei es in Sachen Datenerfassung und in der Rückerstattung von Medikamenten?

Lydia Mutsch: Ein Meilenstein für weitere Entwicklungen ist die neue elektronische Patientenakte. Sie erfasst alle Angaben zur Krankengeschichte, Befunde und Behandlungen. Es ist ein zentrales Instrument für gezieltere Therapieempfehlungen. Ein neuer Gesetzestext rund um den Zugang und die Nutzung des digitalen Dossiers werden wir voraussichtlich vor der Sommerpause vorlegen. So könnte die digitale Patientenakte ab 2017 übergreifend zum Einsatz kommen. Eine wichtige Rolle bei den Analysen nimmt das nationale Gesundheitslabor (LNS) ein. Als öffentliche Einrichtung muss sich das LNS auf dem Markt behaupten und eine ausgezeichnete Arbeit leisten. Neue strategische Ausrichtungen gehen hier in die richtige Richtung. Nun beschränken sich die neuen Ansätze sicherlich nicht nur auf den öffentlichen Sektor. Wichtig ist aber, dass der gleichberechtigte, hochwertige Zugang für alle Patienten gesichert ist. Die personalisierte Medizin soll im Geist des solidarischen Gesundheitssystems erfolgen, und nicht privater Interesse. So gilt es auch, Fragen über die Preispolitik und Rückerstattungen in der Gesundheitskasse zu klären. Die personalisierte Medizin und Aussicht auf größere Therapieerfolge sollen eine Chance für alle Patienten sein. Das wird nicht zuletzt die Effizienz des Gesundheitswesens steigern.

Luxemburger Wort: Wurde diese Effizienz fürs Gesundheitssystem schon chiffriert?

Lydia Mutsch: Genaue Zahlen sind schwer zu ermitteln. Die Kostenfrage wurde während der Ratspräsidentschaft kontrovers zwischen den Mitgliedsstaaten diskutiert. Einige Länder führten an, dass bereits die jetzige Versorgung mit allgemein ausgerichteten Therapien schwer zu Buche schlage. Sie befürchten, dass eine differenzierte Vorgehensweise teuer ausfallen könnte. Das scheint mir eine fadenscheinige Erklärung. Wirkungslose Behandlungen oder Nebenwirkungen haben auch einen Kostenpunkt. Unsere Gesundheitssysteme könnte gerade effizienter sein, wenn wir es fertigbringen, dass eine Therapie besser vertragen wird. Wenn wir die Lebensqualität verbessern und neue Grundlagen für eine präventive Vorgehensweise erhalten, kommt das dem gesamten System zugute. Zurzeit können wir allerdings noch keine Angaben über die genaue Höhe von Kosteneinsparungen machen.

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