Mars Di Bartolomeo au sujet des différentes reformes dans le domaine de la santé

Tageblatt: Gibt es irgendetwas, das Sie nach vier Jahren bedauern?

Mars di Bartolomeo: Eigentlich nicht. Es sind ja auch nicht nur vier, sondern neun Jahre, neun schwierige Jahre, davon fünf Krisenjahre. Kein Bedauern, weil wir es fertiggebracht haben, in schwierigen Zeiten unser Sozialsystem intakt zu halten, ohne die Werte eines solidarischen Gesundheits- und Sozialsystems aufzugeben. Ich glaube, wir haben die richtige Entscheidung getroffen. Ich bin fest davon überzeugt, dass unser Sozialsystem das Wertvollste ist, was wir haben. Ich wehre mich mit Händen und Füßen dagegen, dass dieses infrage gestellt wird. Dieses System ist nicht verantwortlich für die Krise, im Gegenteil, es erlaubt uns, gut durch die Krise zu kommen. Das System bringt auch einen Mehrwert in Sachen Beschäftigung, viele Arbeitsplätze werden in dem Bereich geschaffen. Man soll mir also kein schlechtes Gewissen einreden, was den Sozialstaat betrifft. Wenn einem das so wichtig erscheint, muss man sich auch darum kümmern. Wenn man so tut, als ob keine Herausforderungen auf das System warteten, ist man der Totengräber des Systems. Irgendwann würden die Probleme so groß werden, dass das System sie nicht mehr meistern kann.

Tageblatt: Auf was sind Sie besonders stolz?

Mars di Bartolomeo: Eine extreme Befriedigung gab mir die Umsetzung des Einheitsstatuts, der Teil, den die Arbeiter wirklich spüren, da sie die gleichen Beiträge zahlen wie die Beamten, sie haben zwei Prozent netto mehr im Gehalt. Das war ein ewiger Traum sowohl der Gewerkschaften wie auch von uns. Wenig Aufhebens wurde über eine weitere wichtige Reform gemacht, die Unfallreform, die zu mehr Solidarität unter den Unternehmen geführt hat. Heute bezahlen alle Unternehmen einen solidarischen Beitrag. Einige Betriebe konnten bis vier Prozent einsparen. Was mir sehr am Herzen lag, war das Dossier des Vertrauensarztes, eines meiner „Kinder“. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass das einer der wesentlichen Aspekte der Gesundheitsreform war. Durch die Rolle des Hausarztes bei der Prävention, bei der Nachsorge von chronischen Krankheiten, wird die Grundversorgung abgesichert.

Tageblatt: Wie ist das Feedback der Ärzte?

Mars di Bartolomeo: Es gab wohl Diskussionen über die Tarife und darüber, welche Daten geliefert werden müssen, aber das Konzept wird von den Ärzten unterstützt. Patienten, die mit einer Zusammenfassung ihres Gesundheitszustands einen Spezialisten aufsuchen, erhalten einen Mehrwert. Die Tragweite des Vertrauensarztes wird sichtbar, wenn das elektronische Patientendossier da ist, da er dieses verwalten wird.

Tageblatt: Gab es in den neun Jahren Momente, in denen Sie sich fragten, "warum mache ich das"?

Mars di Bartolomeo: Was einem am meisten an die Nieren geht, ist, wenn man mit guten Freunden hart diskutiert, wie bei der Pensionsreform, bei der ich mit meinen Freunden aus den Gewerkschaften mehr Auseinandersetzungen hatte als je zuvor. Die Diskussionen blieben aber trotzdem fair. Jede Seite hat ihre Aufgabe erfüllt. Die noch härtere Auseinandersetzung bei der Gesundheitsreform habe ich besser vertragen. Einen Moment entgleiste der Ton. Ich war aber der Ansicht, wenn sich jemand so im Ton vergreift, dann kann ich nicht falsch liegen.

Tageblatt: Hat sich das Verhältnis zu den Ärzten wieder gebessert?

Mars di Bartolomeo: Nachdem die Entscheidung gefallen war, wurde wieder miteinander gearbeitet. Ich glaube, der gegenseitige Respekt ist durch die Auseinandersetzung gewachsen.

Tageblatt: Sie haben das Verhältnis zu den Gewerkschaften angesprochen. Bedauern Sie nicht, sich nicht mehr Zeit mit der Pensionsreform gelassen zu haben?

Mars di Bartolomeo: Nein, es ist eine ausgewogene Reform, die niemandem etwas wegnimmt: Sie ist auch flexibel genug ist, um zu reagieren, wenn die Situation sich verschlechtern sollte. Ich glaube nicht, dass wir etwas gewonnen hätten, wenn wir noch gewartet hätten. Was mir leid tut, ist, dass die Begleitmaßnahmen wie z.B. der Alterspakt oder die Reform des reclassement wegen der vorgezogenen Wahlen in den Prozeduren stecken blieben. Aber ich möchte betonen, die Pensionsreform trägt meine Handschrift und nicht die eines Wirtschaftsflügels der CSV. Auch die Gesundheitsreform trägt meine Handschrift und nicht die eines Arztes aus der CSV.

Tageblatt: Wie ist denn nun das Verhältnis zwischen OGBL und LSAP?

Mars di Bartolomeo: Dieses ist besser, als manche sich das wünschen.

Tageblatt: Ein anderes großes Projekt Ihres Mandats ist das Anti-Tabak-Gesetz. Erwarten Sie sich dadurch einen Stimmenverlust bei den kommenden Wahlen?

Mars di Bartolomeo: Überhaupt nicht. Ich habe mir diese Frage auch nie gestellt. Es ist eine große Befriedigung, dass bei kontroversen Themen, wie bei der Diskussion um die Gesundheitsförderung, die Gesundheit nicht das letzte Glied in der Kette war, sondern sie sich gegenüber anderen Interessen durchsetzte.

Tageblatt: Wenn das der Fall ist, warum hat es so lange gedauert? Warum nicht gleich ein totales Rauchverbot, anstatt über eine Zwischenetappe zu gehen?

Mars di Bartolomeo: Ja, das hätte man so machen können ...

Tageblatt: Doch nicht etwa ein Bedauern?

Mars di Bartolomeo: Nein, ich glaube, die Vorgehensweise war die richtige. Als wir 2003 damit begannen, waren noch 33 Prozent der Bevölkerung Raucher. Heute sind es noch 23 Prozent, davon nur 20 Prozent, die täglich rauchen. Die Zwischenetappe über das Verbot in Restaurants war zwei Jahre später komplett akzeptiert. 92 Prozent der Leute waren dafür. Damals bei der Abstimmung ging ein Riss durch das Parlament. Ein Teil war strikt für ein Rauchverbot, der andere Teil strikt dagegen. Bei der Abstimmung zum neuen Gesetz waren 56 Abgeordnete dafür. Alle Reformen haben eines gemeinsam: Wir ließen uns viel Zeit zum Diskutieren, zum Zuhören, zu Änderungen und Kompromissen. Die Diskussionen mit den Gewerkschaften haben z.B. dazu geführt, dass wir die Grundrente erhöhten.

Tageblatt: Erwarten Sie Schwierigkeiten bei der Umsetzung am kommenden 1. Januar?

Mars di Bartolomeo: Nein, wir sind ja kein Land von systematischen Gesetzesbrechern. Ich bin froh, dass wir es nicht mehr bei Lippenbekenntnissen belassen haben wie Die Gesundheit ist unser wichtigstes Gut, sondern auch Taten folgen ließen.

Tageblatt: Welche Projekte wurden das Opfer der vorgezogenen Wahlen?

Mars di Bartolomeo: Das Patientenrechtsgesetz, welches das Verhältnis zwischen den Patienten und den Gesundheitsberufen regelt und zu einer reellen Partnerschaft führen wird. Das Gutachten des Staatsrats liegt bereits vor.

Tageblatt: Ein Thema, das vorige Woche aufkam, ist der Operationsroboter, den das Kirchberger Krankenhaus kaufte, ohne irgendwen zu fragen. Das "Lëtzebuerger Land" schrieb, der Minister wolle keinen Kommentar dazu geben. Stimmt das?

Mars di Bartolomeo: Nein, Blödsinn. Es geht hier nicht um Ja oder Nein zu einem Roboter. Wenn wir einen brauchen, ist es klar, dass das Land einen Roboter erhält. Es geht darum, wie das gemacht wurde.

Tageblatt: Das Krankenhaus hat nicht um Erlaubnis gefragt, wie es sollte...

Mars di Bartolomeo: Es hat niemanden um Erlaubnis gefragt, weder die Kasse noch Experten. Wirklich schockierend dabei ist, dass es ein Verkaufsargument für das Krankenhaus ist. Es wirbt mit einem Roboter, der Prostata operiert, zu einem Zeitpunkt, da Fachleute sagen, dass es mittlerweile sehr gute Alternativen zu Operationen gibt. Nur in Ausnahmefällen müsste man noch operieren.

Tageblatt: Welche Konsequenzen wird das für das Krankenhaus haben?

Mars di Bartolomeo: Das werden wir analysieren. So was tut man zweimal: das erste Mal und nie wieder. Es ist unfair gegenüber den anderen Häusern. Wenn es in Luxemburg dafür ein Bedürfnis gibt, hätte man das zusammen tun sollen. Kein Minister und keine beratende Kommission hätten bei den richtigen Argumenten Nein dazu gesagt. Vielleicht gibt es in Luxemburg überhaupt nicht genügend solcher Operationen; dann wäre es besser, in ein Krankenhaus ins nahe Ausland auszuweichen, das mehr Erfahrung damit hat. Das Krankenhaus wollte sich lediglich einen Geschäftsvorteil verschaffen. Eine solche Vorgehensweise, ohne Rücksicht auf wissenschaftliche Erkenntnisse, ohne Rücksicht darauf, wie oft ein solches Gerät überhaupt benutzt wird, wollen wir in Zukunft verhindern.

Tageblatt: Zum Schluss eine Frage zu den Wahlen. Gesetzt den Fall, die LSAP kommt wieder in die Regierung: Würden Sie den gleichen Job noch einmal machen?

Mars di Bartolomeo: Wenn die Möglichkeit gegeben wäre, sehe ich keinen Grund, es nicht zu tun.

Tageblatt: Falls nicht als Minister, eventuell als Abgeordneter?

Mars di Bartolomeo: Ich bin noch nicht politikmüde.

Tageblatt: Was werden Sie tun, falls Sie weder Minister noch Abgeordneter werden?

Mars di Bartolomeo: Das ist eine gute Frage. Aber es gibt auch ein Leben nach der Politik.

Tageblatt: Einen Plan B haben Sie nicht?

Mars di Bartolomeo: Nein. Ich wäre pensionsberechtigt, aber ich predige nicht länger arbeiten, um mich dann in die Rente in Sicherheit zu bringen. Ich habe noch Lust, weiter Politik zu machen. Ich habe mir noch keine Gedanken gemacht, was ich nachher machen werde. Ich schreibe noch immer gerne und viel, aber ich veröffentliche es nicht.

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