"Wir haben noch enormen Spielraum Kosten zu sparen", Mars di Bartolomeo au sujet de la politique poursuivie en matière de santé

Lëtzebuerger Journal: Herr Minister, bei den Kollektiwertragsverhandlungen im Pflegesektor spitzt sich derzeit die Situation zu- Wie sieht es da mit der politischen Verantwortung aus? Schließlich sitzen die Trägerorganisationen des Pflegebereichs in der Zange zwischen dem, was finanziell über die Pflegeversicherung möglich ist und den Forderungen der Gewerkschaften. Und jetzt scheinen auch die Verhandlungen über den Kollektivvertrag mit der EHL im Krankenhaussektor gefährdet...

Mars Di Bartolomeo: Es ist zwar richtig, dass die Finanzen der Pflegeversicherung in meinen Zuständigkeitsbereich fallen. Man sollte aber auch nicht vergessen, dass die Verantwortung für den Pflegebereich auch beim Familienministerium liegt. Wenn Gespräche erwünscht sind, stehe ich natürlich zur Verfügung. Grundsätzlich sehen es Gewerkschaften und Patronat bei solchen Verhandlungen aber nicht gerne, wenn man sich einmischt und im Moment sind ja auch noch nicht alle Brücken abgebrochen. Ich sehe da im Herbst durchaus noch Sputt zur Deeskalierung der Situation und für eine Annäherung. Die Gewerkschaften sind ja grundsätzlich zufrieden mit dem EHL-Kollektiwertrag.

Lëtzebuerger Journal:Wird denn hier nicht ein Konflikt im Pflegesektor vermischt und in einen Sektor getragen, der an und für sich nichts mit der Sache zu tun hat?

Mars Di Bartolomeo: Dazu möchte ich mich im Moment nicht äußern - und auch kein Öl ins Feuer gießen.

Lëtzebuerger Journal: Kommen wir zum Regierungsprogramm. Die Gesundheitspolitik steht ganz im Zeichen der Prävention, die gestärkt und gesetzlich geregelt werden soll. Wie genau kann denn Prävention gesetzlich verordnet werden und treibt das nicht die Kosten hoch?

Mars Di Bartolomeo: Das Präventionsgesetz geht sicher nicht in jedes Detail. Es wird ein Rahmengesetz, das definieren soll, in welchem Ansatz sich Gesundheitsförderung und Prävention bewegen soll. Es soll die Bedeutung dieses relativ jungen und pro-aktiven Bereichs, derein Fundament braucht, unterstreichen und auch die Partnerschaften auf ein solides Standbein stellen. Denn die Gesundheit ist nicht nur die Sache von "Gesundheitsaposteln", sondern es müssen auch Partnerschaften gestrickt werden: mit der Schule, den Familien, dem Sportbereich, der Landwirtschaft und den Gemeinden.

Man macht Prävention und Gesundheitsförderung sicher nicht zur Kostenersparnis, auch wenn das langfristig ein Nebeneffekt sein kann. Der Hauptansatz ist das Erhalten der Gesundheit, denn - salopp gesagt - was nicht kaputt ist, braucht man nicht zu flicken. Man gewinnt an Lebensqualität und Lebensdauer, aber kein Geld.

Lëtzebuerger Journal: Nun steuert die Gesundheitskasse im kommenden Jahr schon auf ein Defizit zu. Wie soll das ausgeglixhen werden?

Mars Di Bartolomeo: Es ist sinnvoll, diese Diskussion erst einmal mit den Leuten zu führen. Wenn man sich einig ist, dass die. Gesundheit das wichtigste Gut ist, dann muss man auch bekennen, was sie einem wert ist und welchen Preis man dafür bezahlen möchte. Das solidarische System unseres Gesundheitssystems ist für mich ohne Alternative. Es muss die Eigenverantwortung gestärkt und die Verantwortung für das System jedem übertragen werden.

Das Defizit der Gesundheitskasse ist durch den wirtschaftlichen Rückgang zu erklären: hauptsächlich die Einnahmen entwickeln sich nicht mehr so, wie wir das gewöhnt waren - die Kosten sind jedenfalls nicht explodiert. Wir brauchen jetzt einen Mix von Maßnahmen, wie wir sparen können, wie wir Fehlentwicklungen beheben können und wie wir strukturelle Lösungen für die Einnahmen finden. Wir haben auf alle Fälle noch enormen Spielraum Kosten zu sparen, z.B. Betten nicht unnötig zu belegen und ambulante Behandlungen auszubauen.

Sparpotenzial gibt es auch bei den unnötig wiederholten Diagnosemaßnahmen, die durch die elektronische Patientenakte vermieden werden können. Die Definition des Patientendossiers liegt derzeit zur Begutachtung beim Staatsrat. Die Standardisierung der Datenverarbeitungssysteme in den Krankenhäusern wird gerade in die Wege geleitet.

Lëtzebuerger Journal: Es sollen auch die sogenannten Erste-Klasse-Zimmer ausgebaut werden und der Zuschlag für die ärztlichen Leistungen abgeschafft werden. Wie soll das den Ärzten kompensiert werden, ohne die Gesundheitskasse zusätzlich zu belasten?

Mars Di Bartolomeo: Wir werden das mit der Ärzteschaft und der Caisse Medico-Chirurgical CM verhandeln. Fakt ist, dass unsere Krankenhäuser sehr unterschiedlich Erste-Klasse-Zimmer anbieten können und die Ärzte dementsprechend auch unterschiedliche Einkünfte haben. Das Angebot an ersten Klassen variiert von 10% bis 80% je nach Krankenhaus. Wir wollen ja au-ßerdem die ambulanten Operationen fördern, die in anderen Ländern bis zu 80% der Eingriffe ausmachen. Ein Arzt, der viel ambulant operiert, wäre dann aber im Vergleich zu denen, die die Patienten hospitalisieren benachteiligt. Wir suchen hier eine Lösung, die der Logik entspricht, keine Gewinner und Verlierer mehr zu haben.

Es besteht auch die Bereitschaft, dass sich die Gesundheitskasse CNS und die CM an einen Tisch setzen und aushandeln, was von der CNS in die CM verlagert wird und umgekehrt.

Lëtzebuerger Journal: Vorgesehen ist auch, sogenannte Kompetenzzentren zu gründen. Wie soll das konkret aussehen?

Mars Di Bartolomeo: Wir wollen eine Kompetenzbündelung erreichen, die aber nicht notgedrungen an ein Haus gekoppelt ist, sondern im Sinne von Kooperationen funktioniert. Es ist eine , Weiterentwicklung der sogenannten Services nationaux: das beste, was wir im Land in einer bestimmten Fachrichtung haben soll sich in einem Team zusammentun und quasi wandern, also in allen Häusern tätig sein können. Durch diese Bündelung kann die Kompetenz eines Universitätsklinikums entstehen. Der Patient muss nicht mehr unbedingt ins Ausland gehen. Vorgesehen ist auch, dass unsere drei Stroke-Units zur Schlaganfallbehandlung in einer zusammengeführt werden.

Lëtzebuerger Journal: Sie streben auch eine Reorganisation für das Staatslabor an, die ja nun schon seit Jahren diskutiert wird. Insbesondere weil es schwierig ist, Pathologen zu finden. Wird es denn nun eine Einrichtung öffentlichen Rechts?

Mars Di Bartolomeo: Wenn wir wollen, dass das Staatslabor wie ein hochqualifiziertes Privatlabor funktioniert, müssen wir ihm auch die entsprechenden Mittel geben. Das gilt für die Zertifizierung nach Qualitätsstandards, für die ich jederzeit zusätzliche Mittel zur Verfügung stelle, wenn eine entsprechende Anfrage kommt, genauso wie für zusätzliche Personalkosten. Pathologen sind ohnehin rar gesät. Wir finden aber erst recht keine, wenn wir einen Facharzt mit Bac+ l2 wie einen Staatsbeamten mit Bac +4 vergüten müssen, weil wir keine anderen Möglichkeiten haben. Wartezeiten von bis zu vier Wochen bis eine Gewebeprobe untersucht ist und ein Patient erfährt, ob er Krebs hat oder nicht, weil wir einen Personalmangel haben sind nicht jedenfalls nicht länger zu tolerieren. Entweder wir machen eine Einrichtung öffentlichen Rechts daraus oder wir geben dem Staatslabor die Möglichkeit, Pathologen zu einem ordentlichen Gehalt zu rekrutieren.

Lëtzebuerger Journal: Noch ein Wort zum Pensionssystem. Wie geht es weiter?

Mars Di Bartolomeo: Wir haben in den letzten fünf Jahren einen Konsens geschaffen, dass das Pensionssystem grundlegend reformiert gehört. Es muss ein doppeltes Ziel verfolgt werden, denn einerseits sollen heute weiterhin gute Renten gezahlt werden, andererseits müssen wir uns so gut aufstellen, dass auch zukünftige Generationen vergleichbare Leistungen bekommen können. Wir brauchen im Umlageverfahren, an dem wir festhalten wollen, ein Bewertungssystem, das mit allen Herausforderungen zurecht kommt. Dazu müssen im System Warnsignale eingebaut werden, damit sich das System auf verschiedene Situationen einstellen kann und realitätskonform angepasst werden kann. Der Bewusstseinsbildungsprozess ist jedenfalls abgeschlossen - in dieser Legislaturperiode müssen die Leute sich bekennen.

Dernière mise à jour